Als reicht es noch nicht, wenn die Staaten und Behörden sich Zensur anmaßen – auch auf der Seite privater Unternehmen gibt es vitale Versuche, die Publikation bestimmter Medien zu behindern.
So auch beim britischen Unternehmen „Global Disinformation Index“ (GDI). Es entscheidet laut Recherchen unabhängiger Journalisten wesentlich darüber, welche Online-Medien bei der Erzeugung von Werbeeinnahmen benachteiligt werden. Magazine, die auf der „Dynamischen Ausschlussliste“ von GDI aufgelistet werden, seien mit einem faktischen „Werbeboykott“ konfrontiert, erläutert der Journalist Norbert Häring. Da die Ausspielung von Internetwerbung in der Regel automatisiert stattfinde, wüssten oftmals weder die werbenden Unternehmen noch beteiligte Werbeagenturen etwas von diesem Mechanismus.
Das selbst formulierte Ziel von GDI bestehe darin, „Online-Desinformation zu zerstören, indem entsprechende Publikationen finanziell ausgehungert“ würden, schreibt Häring. Allerdings sei die von GDI selbst formulierte Definition von „Desinformation“ widersprüchlich und irreführend, da es nicht um Falschinformationen, sondern um unterschiedliche Standpunkte bei geopolitischen Konflikten oder bei umstrittenen Themen wie Migration und Identitätspolitik gehe. Ebenfalls würden völlig korrekte Informationen, die jedoch Konflikte „schüren“ könnten, von dem britischen Unternehmen zu Desinformation gerechnet. „Ein hohes Risiko, auf dem Index zu landen, haben folglich erfolgreiche Nachrichten- und Kommentarseiten, auf denen Regierungskritik geübt wird“, erklärt Häring.
Ins Rollen gebracht hatte die Recherche das britische Debattenmagazin „UnHerd“, das selbst auf der Ausschlussliste gelandet war. Chefredakteur Freddie Sayers, informierte am vergangenen Dienstag (16. April) im Oberhaus des britischen Parlaments darüber. Der dortige Ausschuss für Kommunikation und Digitales untersucht die angemessene staatliche Reaktion auf Fehl- und Desinformationen. Dabei ging es auch um die Frage, ob das Konzept der Desinformation „politisiert worden ist oder dazu benutzt wird, alternative Standpunkte zu unterdrücken“.
(…)
Neben Lizenzgebühren für die Nutzung der „Dynamischen Ausschlussliste“ profitiert GDI von staatlichen Zuwendungen. Großbritannien förderte das Unternehmen zwischen 2019 und 2023 mit insgesamt 2,6 Millionen Pfund. GDI führte in der Vergangenheit unter anderem „Disinfo Cloud“, eine vom US-Außenministerium gegründete Plattform, als Sponsor und nennt inzwischen die Europäische Union sowie das Auswärtige Amt als Finanzier. Häring zufolge entspreche der öffentlich geäußerte Anspruch des Unternehmens, man arbeite auf der Basis der drei Prinzipien Neutralität, Unabhängigkeit und Transparenz, damit in keinem Punkt der Wahrheit.
Auf Multipolar-Anfrage wollte das Außenministerium bislang nicht zu der Höhe der Förderung von GDI Stellung nehmen. Desinformation sei „ein Angriff auf die Grundwerte unserer freiheitlichen Demokratien“, schreibt die Pressestelle. Das Ministerium unter der Leitung von Annalena Baerbock (Grüne) befände sich im „Dialog mit den Expertinnen und Experten des Global Disinformation Index“.
Die Inhalte dieses Textes sind entnommen aus:
https://multipolar-magazin.de/meldungen/0045
Der Verfasser bezieht sich darin auf den u.g. Artikel von Norbert Häring:
https://norberthaering.de/propaganda-zensur/gdi/
*Der Begriff „Neudenk“ ist dem Buch „1984“ von George Orwell entnommen. Es beschreibt eine totalitäre Gesellschaft in der die Sprache nach und nach verändert wird, so dass man bestimmte Gedanken eines Tages nicht mehr denken kann.