Druck auf die WHO wächst

Fehlende Transparenz

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gerät wegen geplanter Vertragsinhalte und Transparenzproblemen bei neuen Pandemie- und Gesundheitsvorschriften unter wachsenden öffentlichen Druck. Bei der aktuellen Verhandlungsrunde zum Pandemievertrag, die (…) am 28. März am WHO-Sitz in Genf zu Ende ging, erzielten die (…) Unterhändler verschiedener Staaten keine Einigung. Die Positionen westlicher Länder und vieler Staaten des globalen Südens liegen noch weit auseinander.(…)

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) wurden erstmals 1969 unterzeichnet und 2005 neu gefasst. Sie sind völkerrechtlich bindende Vorschriften (…)  die grenzüberschreitende Gesundheitsrisiken eindämmen sollen. Die geplanten Änderungen müssen auf der Weltgesundheitsversammlung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden und treten dann nach bestimmten Fristen in Kraft. Einige Punkten müssen nach der Verabschiedung möglicherweise noch in nationales Recht übertragen werden, teilt das Bundesgesundheitsministerium mit. Der Pandemievertrag ist neu, benötigt eine Zweidrittelmehrheit und jeweils eine Ratifizierung in den Mitgliedsstaaten der WHO, um in Kraft zu treten

Kritik gibt es unter anderem an der Intransparenz der Verhandlungen insbesondere zu den IGV. Zwar veröffentlichte die WHO pünktlich zur neuen Verhandlungsrunde in Genf einen aktuellen Entwurf des Pandemievertrags. Allerdings gibt es zum Stand der IGV-Verhandlungen keine offiziellen Dokumente. Gleichwohl wurde ein Schriftstück mit den Vertragsinhalten mit Stand 9. Februar kurzfristig von der Genfer Universität Geneva Graduate Institute online publiziert. Es wurde kurz darauf wieder gelöscht, ist im Internetarchiv jedoch weiterhin abrufbar. (…)

Im Interview mit Multipolar wies die Juristin und ehemalige WHO-Beraterin Silvia Behrendt. darauf hin, dass die Gesundheitspolitik Aufgabe der Mitgliedsstaaten der EU sei. (…) Nach den Regularien der IGV müssen die Änderungsvorschläge den Mitgliedsstaaten mindestens vier Monate vor der Abstimmung vorliegen. „Die Öffentlichkeit sollte die Sinnhaftigkeit der neuen Befugnisse der WHO angesichts der Hastigkeit und der falschen Begründungen für die Missachtung der rechtmäßigen Prozesse hinterfragen.

Andrej Hunko, Gesundheitspolitiker des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), kritisiert gegenüber Multipolar die Intransparenz der Änderungen, von deren Dimension den meisten Abgeordneten keine Vorstellung hätten. „Die Kompetenzerweiterungen der WHO insgesamt, aber auch des Generalsekretärs innerhalb der WHO sind insbesondere vor dem Hintergrund der unaufgearbeiteten Rolle der WHO während der Corona-Zeit nicht zustimmungsfähig“, sagt Hunko. Er werde selbst Ende Mai zu den WHO-Verhandlungen nach Genf fahren.

Dieser Absatz beruht auf dem u.g. Artikel von Paul Schreyer und wurde gekürzt und leicht redaktionell bearbeitet
https://multipolar-magazin.de/meldungen/0034, 2. April 2024

Die Sorgen der Staaten

  1. Grundrechtseinschränkungen

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags schreibt die WHO habe nicht die Kompetenz und die Mittel, um den Einwohnern eines WHO-Mitgliedstaates mit Zwangsmitteln hoheitlich gegenüberzutreten und Grundrechte einzuschränken. Grundrechtseingriffe wären daher allein die Folge eines souveränen staatlichen Handelns. Das – so schreibt Norbert Häring in seinem Blog (s.u.) -  gehe  am Kern der Sache vorbei. Eine Regierung könne sehr wohl von Kräften außerhalb der WHO genötigt werden, den Empfehlungen der WHO zu folgen.

Zwei Beispiele:

Gegenüber finanziell und politisch schwächeren Staaten hat die WHO im Verein mit der US-Regierung wirksame Druckmittel, um zu bewirken, dass diese den Empfehlungen der WHO Folge leisten. Dazu kann es gehören, Hilfskredite von Weltbank oder Internationalem Währungsfonds hieran zu knüpfen. Während der Corona-Pandemie geschah das bereits.

Auch über Vereinbarungen im Rahmen der Welthandelsorganisation könnte in Zukunft Druck aufgebaut werden, indem Länder, die sich etwas über Nichtbefolgung von Lockdown-Empfehlungen „unlautere Vorteile“ verschaffen, mit Handelssanktionen belegt werden.

  1. Die Zeit wird knapp/besonders für Deutschland

Die Frist innerhalb derer die Regierungen der Anwendung widersprechen können, wurde jüngst auf 12 Monate verkürzt. Das bedeutet, dass es für eine neu gewählte Bundesregierung nach den Wahlen 2025 schon zu spät wäre zu widersprechen. Der Bundestag muss nicht gefragt werden und zustimmen. Die neuen Regeln treten automatisch in Kraft, wenn nicht innerhalb der Frist widersprochen wird. Die USA wollten die Frist sogar auf sechs Monate verkürzen, wohl um einem im Herbst neu gewählten Präsidenten die Möglichkeit des Widerspruchs zu nehmen.

Quelle: https://norberthaering.de/news/spd-tina-rudolph/
Dieser Absatz beruht auf dem o.g. Artikel von Norbert Häring. Er ist hier nur in Auszügen übernommen und wurde redaktionell bearbeitet